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Datenschutz 
24.10.2017

OVG Münster: Kein Pranger für Autofahrer

ESV-Redaktion Recht
Fahrerbewertungen erfolgen anonym (Foto: adiruch na chiangmai/Fotolia.com)
Im Februar 2017 hatte das Verwaltungsgericht (VG) Köln dem Bewertungsportal „Fahrerbewertung.de” die Auflage erteilt, Nutzerbewertungen lediglich für die betroffenen Fahrzeughalter abrufbar zu halten und deren Veröffentlichungen verboten. Hiergegen wendete sich das Bewertungsportal. Nun musste das OVG-Münster hierüber entscheiden.

Die Vorinstanz hatte mit ihrem Richterspruch eine entsprechende Verfügung der beklagten Datenschutzbeauftragten für das Land Nordrhein-Westfalen bestätigt. Diese störte sich vor allem an der Prangerwirkung des Portals. Bei der Bewertung geben die Nutzer das betreffende Kfz-Kennzeichen ein und bewerten die Fahrer mit dem Ampelschema: rot = negativ, gelb = neutral, grün = positiv. Im Rahmen einer Auswahl aus vorgegebenen Bewertungen ist auch eine Detail-Bewertung möglich.

Klägerin: Autofahrer sollen eigene Fahrweise überdenken

Die Klägerin möchte mit ihrem Portal die Autofahrer dazu bewegen, die eigene Fahrweise zu überdenken und so einen Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit leisten.

VG Köln: Nur Kraftfahrzeughalter dürfen Zugiff auf Bewertungen haben

Die Beklagte und das VG Köln hielten insbesondere die Prangerwirkung des Portals für rechtswidrig. Sie meinten, dass das Datenschutzinteresse der bewerteten Fahrer gegenüber dem Informationsinteresse der Allgemeinheit überwiege. Die Rechtswidrigkeit könne nur behoben werden, wenn die Klägerin das Portal so zu verändert, dass nur noch registrierte Halter ihre Bewertungsergebnisse abrufen können.

OVG Münster: Prangerwirkung unzulässig  

OVG Münster schloss sich den Argumenten der Vorinstanz und der Datenschutzbauftragten an. Danach ist das Internetportal „www.fahrerbewertung.de” derzeit datenschutzrechtlich unzulässig. Dies hat der 16. Senat des OVG wie folgt begründet: 
  • Datenschutzrecht anwendbar: Das Bundesdatenschutzgesetz sei vorliegend anwendbar, insbesondere handele es sich bei den Bewertungen, die zu bestimmten Kfz-Kennzeichen abgegeben werden, um personenbezogene Daten.
  • Informationelles Selbstbestimmungsrecht der Kraftfahrzeughalter überwiegt: Im Rahmen der Güterabwägung überwiege das informationelle Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Kraftfahrzeughalter ge­genüber den Kläger und Nutzerinteressen des Portals. Hier komme zum Tragen, dass eine vollständig anonyme Bewertung von meist privat motiviertem Verhal­ten für eine unbegrenzte Öffentlichkeit einsehbar sei.
  • Ziel des Portals auch mit Auflagen erreichbar: Dem stünden keine gewichti­gen Interessen der Klägerin und der Portalnutzer gegenüber. Das Ziel, die Fahrer zur Selbstreflexion anzuhalten, könne unter Gel­tung der Anordnungen erreicht werden. Den Anordnungen zufolge sind die Bewertungen nur für die jeweils betroffenen Kraftfahrzeughalter abrufbar.
Die Revision gegen das Urteil haben die Richter aus Münster nicht zugelassen. Die Klägerin hat jedoch die Möglicheit, Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einzulegen. 

Quelle: PM zur Entscheidung vom 19.10.2017 PM - AZ: 16 A 770/17

Mehr zum Thema: VG Köln - Bewer­tungs­portal für Auto­fahrer darf Kfz-Halter nicht mehr anprangern

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(ESV/bp)