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EU-Führerschein im Bundesgebiet 
24.09.2018

BVerwG: Neuausstellung eines EU-Führerscheins kann Entzug der deutschen Fahrerlaubnis heilen

ESV-Redaktion Recht
Folgen einer Trunkenheitsfahrt: Heilung duch Neuerteilung eines EU-Führerscheins? (Foto: Gerhard Seybert/Fotolia.com)
Wann darf der Inhaber eines EU-LKW-Führerscheins im Bundesgebiet wieder einen PKW führen, wenn ihm vor Ausstellung seiner EU-Fahrerlaubnis der deutsche Führerschein für PKW (Klasse B) wegen einer Trunkenheitsfahrt entzogen wurde? Hierüber hat das Bundesverwaltungsgericht aktuell entschieden.

In dem Streitfall war der Kläger – lettischer Staatsangehöriger – seit 1997 im Besitz einer Fahrerlaubnis für die Klasse B. Wegen einer Trunkenheitsfahrt in Deutschland verurteilte ihn ein deutsches Strafgericht im Jahr 2002 zu einer Geldstrafe. Zudem entzog ihm das Gericht die Fahrerlaubnis und ordnete eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis von zehn Monaten an.

Im Jahr 2012 erhielt der Kläger in Lettland einen neuen Führerschein, der bis zum Jahr 2022 gültig ist. Für die Klasse C (LKW) enthielt dieser das Erteilungsdatum im Jahr 2012, während für die Klasse B (PKW) das Jahr 1997 eingetragen war. Im Anschluss daran zog der Kläger nach Deutschland und beantragte 2013 die Ausstellung eines deutschen Führerscheins im Wege des Umtauschs.

Fahrerlaubnisbehörde: Lettischer LKW-Führerschein gilt nicht in Deutschland

Die Fahrerlaubnisbehörde verlangte vom Kläger allerdings ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu der Frage, ob zu erwarten sei, dass er auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen werde. Da der Kläger die Beibringung eines Gutachtes verweigerte, lehnte die Behörde seinen Antrag ab. Zudem stellte sie fest, dass der Kläger nicht berechtigt sei, mit seinem lettischen Führerschein in Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen. Darüber hinaus und gab sie dem Kläger auf, seinen Führerschein zur Eintragung eines entsprechenden Sperrvermerks vorzulegen.

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Keine Einigkeit bei den Instanzgerichten

Die erste Instanz - das Verwaltungsgericht Münster - wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Im Berufungsverfahren hatte der Kläger allerdings Erfolg. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster müssen die deutschen Behörden den in Lettland ausgestellten EU-Führerschein nach Ablauf der Sperrfrist anerkennen. Für den Führerschein der Klasse C in Lettland habe der Kläger schließlich auch seine Fahreignung nachweisen müssen, so das OVG. Gegen das Berufungsurteil legte der beklagte Landkreis Revision ein.

BVerwG: Zweifel an Fahreignung überholt

Ohne Erfolg – der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) hat die Revision zurückgewiesen. Im Einzelnen stellte der Senat folgende Überlegungen an:
  • Ausstellung des LKW-Führerscheins bestätigt auch Fahreignung für PKW-Führerschein: Aufgrund des Stufenverhältnisses zwischen den beiden Führerscheinklassen enthalte eine die ordnungsgemäße Ausstellung eines LKW-Führerscheins zwingend auch die Bestätigung der Fahreignung für den PKW-Führerschein. Durch die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis der Klasse C in Lettland wären die in Deutschland begründeten Zweifel an der Fahreignung also überholt, argumentierten die Leipziger Richter.
  • Sperrfristen von EU-Dokumenten haben Vorrang: Deutsche Behörden müssten die Sperrfristen von Führerscheinen, die innerhalb der EU ausgestellt wurden, anerkennen. Zwar könne die in Deutschland bestehende Befristung der Geltungsdauer von Fahrerlaubnissen der Klasse C auf fünf Jahre, nach unionsrechtlichen Vorgaben berücksichtigt werden. Von dieser Möglichkeit habe der deutsche Verordnungsgeber bisher aber keinen Gebrauch gemacht.
  • Geltungsdauer des ursprünglichen Wohnsitzmitgliedstaats maßgebend: Damit kommt es auf die Geltungsdauer an, die im Führerschein des ursprünglichen Wohnsitzmitgliedstaats – hier Lettland – eingetragen ist. Diese wäre von den deutschen Behörden anzuerkennen, so die Leipziger Richter abschließend.
Quelle: PM des BVerwG vom 06.09.2018 zum Urteil vom selben Tag – AZ: 3 C 31.16

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(ESV/bp)