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Verkehrsrecht 
18.07.2019

In aller Kürze: Aktuelles zum Verkehrsrecht

ESV-Redaktion Recht
AG München: Rettungswagenfahrt mit Blaulicht ohne Grund ist Amtsanmaßung (Foto: VanHope/Fotolia.com)
Das BVerwG äußerte sich zur Helmpflicht bei Motorradfahrern. Über Mitverschulden durch Aufhalten eines rollenden Autos entschied das OLG Köln. Das AG München schickte einen Münchner, der einen Krankenwagen fuhr, ins Gefängnis und der Gesetzgeber legte einen Entwurf für ein EU-Führerscheininformationssystem vor.

BVerwG: Religiöse Gründe kein Hindernis für Helmpflicht

Dies hat das BVerwG aktuell entschieden. Der Kläger, ein gläubiger Sikh, sah sich durch seine Turbanpflicht an dem Tragen eines Helmes beim Motorradfahren gehindert und beantragte eine Ausnahmegenehmigung. Diese wurde ihm verwehrt, da eine solche nur aus gesundheitlichen Gründen erteilt werden könne, so die Behörde.   

Im Ergebnis zu Recht, wie das BVerwG entschied: Danach liegt in der Helmpflicht nur eine mittelbare Beeinträchtigung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 GG, weil der Kläger zwar am Motorradfahren, nicht aber am Tragen des Turbans gehindert wird. Dieser Eingriff ist dem Gericht zufolge aber durch verfassungsrechtlich geschützte Rechtsgüter Dritter gerechtfertigt. Zum einen schützt die Helmplficht die körperliche und psychische Unversehrtheit anderer Unfallbeteiligter und Rettungskräfte. So könnten Traumatisierungen verhindert werden, da mit einem Helm die Schwere der Verletzungen regelmäßig geringer ausfalle. Zudem kann ein geschützter Motorradfahrer dem Gericht zufolge eher zu Rettungsmaßnahmen beitragen und Erste-Hilfe leisten. Letztlich, so die obersten Verwaltungsrichter, sei dem Kläger auch der Verzicht auf das Motorradfahren zumutbar, da dieser hierauf nicht angewiesen wäre und über eine Fahrerlaubnis zum Führen eines PKW verfüge.    

Quelle: PM des BVerwG vom 04.07.2019 zum Urteil vom selben Tag – AZ: 3 C 24.17

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AG München: Vorgetäuschte Rettungsfahrt ist Amtsanmaßung

Wegen Amtsanmaßung hat das AG München einen Rettungsdiensthelfer zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt. Zudem hat das Gericht dem Fahrer seinen Führerschein für fünf Jahre entzogen.

Der Angeklagte sollte einen Rettungswagen in eine Werkstatt fahren. Bei seiner Fahrt hatte er – ohne selbst amtlicher Rettungshelfer zu sein –  unberechtigt Blaulicht und Sirene verwendet. Hierbei hatten ihm die übrigen Verkehrsteilnehmer Platz auch gemacht. Auch einen selbst erstellten Phantasieausweis (Rettungsdienst) führte der Helfer mit sich. Der Angeklagte zeigte sich zwar reuig und sah ein, dass er sich ,,rücksichtslos‘‘ verhalten hatte. Auch befinde er sich seit Februar 2019 in einer verhaltenstherapeutischen Maßnahme.

Dennoch setzte das AG München die Strafe nicht zur Bewährung aus. Der Grund: Der Angeklagte stand bereits zum sechsten Mal wegen Amtsanmaßung vor Gericht und hatte deswegen schon elf Eintragungen im Bundeszentralregister. Zudem waren zum Zeitpunkt der Tat noch zwei weitere Bewährungen offen. Somit hatte das Gericht erhebliche Zweifel, dass eine Bewährung noch seine Warnfunktion erfüllen kann. Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: PM des AG München vom 15.07.2019 zum Urteil vom 13.02.2019 – AZ: 821 Ds 431 Js 188048/18

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OLG Nürnberg zur Bedienung von Infotainmentsystemen bei Tempo 200
Sogenannte Infotainmentsysteme können Autofahrern nützliche Helfer sein. Dennoch – die Konzentration auf den Verkehr hat absoluten Vorrang. Dies gilt um so mehr, je schneller der Fahrer unterwegs ist, wie eine Entscheidung des OLG Nürnberg zeigt. mehr …

OLG Köln: Erhebliches Mitverschulden beim versuchten Aufhalten eines rollenden PKW

Stellt sich eine Person einem rollenden PKW mit Sandalen entgegen und erleidet sie dabei schwerwiegende Verletzungen, trifft diese ein erhebliches Mitverschulden. Dies entschied das OLG Köln. 

In dem Streitfall hatte die Lebensgefährtin des Klägers ihren PKW nicht ausreichend gesichert. Beim Versuch, das Fahrzeug aufzuhalten, war der Kläger gestürzt und überrollt worden. Deshalb verlangte er von der PKW-Haftpflichtversicherung seiner Lebensgefährtin unter anderem ein Schmerzensgeld.

Das OLG Köln bejahte zwar einen Anspruch aus § 823 Absatz 1 BGB, da die Schädigung auf dem zurechenbaren Verhalten der Lebensgefährtin beruhte. Dennoch treffe den Kläger ein erhebliches Mitverschulden in Höhe von 70 %, so das OLG. Dieser habe erkennen müssen, dass der PKW durch Entgegenstemmen nicht mehr aufzuhalten war, und zwar wegen des Gewichts, des erkennbaren Gefälles und weil der Wagen sich alleine in Bewegung gesetzt hatte. Aufgrund des verständlichen spontanen Verhaltens des Klägers sah das OLG seinen Anspruch jedoch nicht als völlig ausgeschlossen an. Einen Anspruch aus §§ 7, 18 StVG verneinten die Kölner Richter wegen § 8 Nr. 2 StVG. Das OLG hat die Revision nicht zugelassen.

Quelle: PM des OLG Köln vom 11.07.2019 zum Urteil vom 05.07.2019 - Az. 6 U 234/18      

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Bundesregierung: Gesetzentwurf zu EU-Führerscheininformationssystem

Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, durch den das Änderungsprotokoll und die Gemeinsame Erklärung zum Vertrag vom 29.06.2000 über ein Europäisches Fahrzeug- und Führerscheininformationssystem (EUCARIS) in deutsches Recht überführt werden soll. Ziel und Zweck des Entwurfes sind:
  • Das System EUCARIS dient dem Austausch von Fahrzeug- und Halterdaten sowie von Fahrerlaubnisdaten auf Ebene der Europäischen Union
  • Zweck ist vorrangig die Bekämpfung von PKW-Kriminalität und „Führerschein-Tourismus“
  • „Dritten“, die nicht EUCARIS Vertragspartner sind, soll der Zugang zu EUCARIS ermöglicht werden.
In Zukunft soll das System EUCARIS auf Basis von Vereinbarungen auch zum Datenaustausch in anderen Gebieten genutzt werden können.

Quelle: hib – heute im bundestag Nr. 779 vom 15.07.2019 zu BT-Drs. 19/11468

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VerfGH Saarland hält Messungen mit Jenoptik-Blitzer „TraffiStar S 350“ für nicht verwertbar

Nach den Feststellungen der Instanzgerichte speichert das Blitzgerät nicht den Standort des erfassten Fahrzeuges zum Zeitpunkt des Geschwindigkeitsverstoßes, sondern lediglich die Anfangs- und Endzeitpunkte einer Messung. Eine spätere Überprüfung des Messvorganges durch einen Sachverständigen ist nicht möglich. 

Dies verletzt nach Meinung des VerfGH Saarland das Grundrecht auf ein faires Verfahren und eine effektive Verteidigung. Nach Meinung der höchsten Verfassungsrichter aus Saarbrücken führt dies zur Unverwertbarkeit der Messungen. Zahlreichen Medienberichten zufolge hat Jenoptik angekündigt, die betroffenen Geräte noch im Juli 2019 mit einem Software-Update nachzurüsten, das die Blitzer in die Lage versetzt, die Messdaten zu speichern.  

Quelle: PM des Verfassungsgerichtshofs des Saarlandes vom 09.07.2019 zum Urteil vom 05.07.2019 – AZ: Lv 7/17

(ESV/dn/bp)