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Stuttgarter Autoraser-Fall 
23.03.2021

BGH bestätigt Urteil des LG Stuttgart gegen Autoraser wegen Teilnahme an verbotenem Rennen

ESV-Redaktion Recht
BGH: Ein illegales Autorennen setzt nicht zwingend voraus, dass es mehrere Rennbeteiligte gibt. (Foto: lassedesignen / stock.adobe.com)
Unfälle, die von Autorasern verursacht werden, enden für Dritte immer wieder tödlich. Dann stellt sich die Frage, ob die Raser wegen Mordes oder wegen Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge zu bestrafen sind. In einem aktuellen Fall hat nun der BGH ein Urteil des LG Stuttgart bestätigt, das bei dem Unfallverursacher nicht von einem Tötungsvorsatz ausging.


Der zur Tatzeit 20 Jahre alte Angeklagte war mit seinem 550 PS-starken PKW mit bis zu 163 km/h in der Stuttgarter Innenstadt unterwegs. Hierbei erkannte er ein Fahrzeug, das ihm entgegenkam und etwa 100 Meter vor ihm links abbiegen wollte; es kreuzte seine Fahrbahn. Der Angeklagte wollte daraufhin sofort ausweichen. Er verlor aber die Kontrolle über sein Fahrzeug und prallte mit etwa 90 km/h frontal in die Beifahrerseite eines unbeteiligten Kleinwagens, der auf einer Parkplatzausfahrt stand. Beide Insassen des Kleinwagens starben noch an der Unfallstelle.

Das LG Stuttgart verurteilte den Angeklagten deswegen zu einer Jugendstrafe von fünf Jahren und entzog ihm die Fahrerlaubnis für vier Jahre. Mangels eines Tötungsvorsatzes verurteilten die Stuttgarter Richter den Angeklagten wegen Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge. Hiergegen legten die Nebenkläger Revision zum BGH ein – mit dem Ziel, den Angeklagten wegen Mordes zu verurteilen.

 
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BGH: Vorinstanz hat Tötungsvorsatz zu Recht verneint

Die Revisionen vor dem 4. Strafsenat des BGH hatten keinen Erfolg. Nach Auffassung des Senats hatte das LG Stuttgart seine Überzeugung ausführlich und tragfähig begründet. Dabei hatte die Ausgangsinstanz insbesondere die Rechtsprechung des Senats zu hochriskantem Fahrverhalten im Straßenverkehr beachtet.  

Auch Verurteilung wegen Teilnahme an illegalen Autorennen rechtmäßig

Ebenso wenig beanstanden die Karlsruher Richter die Verurteilung des Angeklagten wegen verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge. In dem Verfahren beschäftigte sich der BGH auch erstmals mit dem neu geschaffenen Straftatbestand des sogenannten „Alleinrennens“ nach § 315d Abs. 1 Nr. 3 StGB.

Demnach muss der Täter nach seinen Vorstellungen die Absicht haben, auf einer nicht ganz unerheblichen Wegstrecke die maximal mögliche Geschwindigkeit zu erreichen, die aufgrund der aktuellen Situation möglich ist. Es geht also nicht um die Höchstgeschwindigkeit, die das Fahrzeug aufgrund seiner Bauart theoretisch erreichen könnte. Hierbei ist es dem Senat zufolge ausreichend, wenn der Täter das Erreichen dieser „situativen Grenzgeschwindigkeit“ als notwendiges Zwischenziel anstrebt, um ein weiteres Ziel zu erreichen.

Insoweit, hatte das erkennende Tatgericht nach Meinung des Senats beanstandungsfrei festgestellt, dass der Angeklagte – bei seiner unter maximaler Beschleunigung unternommenen Fahrt – nach seinen Vorstellungen über eine längere Fahrtstrecke in der konkreten Situation die höchstmögliche Geschwindigkeit erreichen wollte. In seiner Entscheidung hatte sich das Ausgangsgericht maßgeblich auf eine Auswertung der Daten im Crashdatenspeicher des Tatfahrzeugs gestützt.

Quelle: PM des BGH vom 18.03.2021 zum Beschluss des BGH vom 17.2.2021 - 4 StR 225/20

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(ESV/bp)