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Verantwortlichkeit für abbrechende Äste 
17.03.2022

LG Koblenz zur Haftung einer Gemeinde für herabfallenden Ast in ihrem Stadtwald

ESV-Redaktion Recht
LG Koblenz: Eine Gemeinde in Rheinland-Pfalz kann als Eigentümerin eines Waldes grundsätzlich für Schäden aufgrund von herabgefallenen Ästen  haften. (Foto: akf / stock.adobe.com)
Wann haftet eine Gemeinde, wenn ein Auto, das auf einem Parkplatz in ihrem Stadtwald geparkt wird, durch einen herunterfallenden Ast beschädigt wird? Mit dieser Frage hat sich das LG Koblenz anhand der Rechtslage in Rheinland-Pfalz befasst.


In dem Streitfall hatte der Kläger im Juni 2019 sein Auto auf dem Parkplatz eines Kletterwaldes im Stadtwald der beklagten Stadt abgestellt. Während seiner Abwesenheit fiel ein etwa 4 Meter langer Ast von einem Baum herab und beschädigte das Auto. Die beklagte Gemeinde hatte die Bäume im Bereich des Parkplatzes zuletzt im Januar 2019 kontrolliert.
 

Kläger: Kontrollen des Waldes im Bereich der Parkplätze durch die Stadt unzureichend

Nach Ansicht des Klägers ist die beklagte Gemeinde als Eigentümerin des Waldes für die Sicherung des Parkplatzes verantwortlich. Weiterhin wäre die Kontrolle im Januar nicht ausreichend gewesen. Zumindest aber hätte die Gemeinde vor der Öffnung des Kletterwaldes Anfang April 2019 eine weitere Kontrolle durchführen müssen. Nach dem weiteren Vortrag des Klägers ist ihm an seinem Fahrzeug ein Schaden von 7.792,38 Euro entstanden.

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Beklagte: Herabfallender Ast gehört zu allgemeinem Lebensrisiko

Die Beklagte wies eine Haftung von sich. Sie meinte, dass sie nach dem Landeswaldgesetz von Rheinland-Pfalz ihre Pflicht zur Verkehrssicherung des betreffenden Waldes auf die staatliche Forstverwaltung übertragen habe. Darüber hinaus könne im Bereich eines Waldparkplatzes allenfalls eine halbjährliche Kontrolle erwartet werden. Wird hierbei ein versteckter abgestorbener Ast übersehen, gehöre dies zu einem Restrisiko, mit dem jeder leben müsse.


LG Koblenz: Beklagte Stadt haftet als Eigentümerin für den Schaden an dem Fahrzeug des Klägers

Das LG Koblenz folgte der Ansicht der Beklagten nicht. Es erkannte einen Schaden des Klägers in Höhe von 7.420,03 Euro an und verurteilte die Stadt zur Zahlung dieses Betrages. Hierbei ließ sich das LG von folgenden Überlegungen leiten:
 
  • Verkehrssicherungspflicht der Stadt gegeben: Als Eigentümerin des Waldes trifft die beklagte Stadt eine Verkehrssicherungspflicht für den Parkplatz. Diese ergibt sich aus dem neuen Landeswaldgesetz des Landes Rheinland-Pfalz. Anders als im Nachbarland Hessen muss die Gemeinde als Waldbesitzerin für die Sicherheit des betreffenden Waldbereichs sorgen. Dem Land obliege lediglich die forstfachliche Leitung des Gemeindewaldes. Die Übertragung der forstfachlichen Leitung führt nicht dazu, dass auch die Verkehrssicherungspflicht auf das Land übergeht.
  • Gefahr erkennbar: Nach der Zeugenvernehmung des Försters  sowie der Anhörung eines Sachverständigen meinte das LG, dass die Gefahr eines herabfallenden Astes bei einer ordnungsgemäßen Baumkontrolle im Parkplatzbereich erkennbar gewesen wäre. 
Quelle: PM des LG Koblenz vom 15.03.2022 zum Urteil vom 15.02.2022 – 1 O 72/20


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(ESV/bp)