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Verkehrsrecht 
26.06.2017

OLG Frankfurt zur Haftung des Radfahrers bei Verstoß gegen Rechtsfahrgebot

ESV-Redaktion Recht
Fahrrad-Schutzstreifen: Erkennbar an nicht durchgezogener Leitline (Foto: kevers/Fotolia.com)
Dass Fahrradfahrer auf sogenannten Fahrrad-Schutzstreifen entgegen der Fahrtrichtung der zugehörigen Straße unterwegs sind, geschieht nicht selten. Ob dies erlaubt ist und welche Konsequenzen dies bei einem Zusammenstoß mit einem Fußgänger hat, musste kürzlich das OLG Frankfurt entscheiden.

In dem betreffenden Fall fuhr der beklagte Fahrradfahrer mit etwa 10 bis 12 km/h auf einem Fahrradschutzstreifen in der belebten Innenstadt von Frankfurt a.M. Allerdings fuhr er in der Gegenrichtung zu der dazugehörenden Straße, und zwar ohne, dass dies erlaubt war. Als ein Fußgänger den Schutzstreifen überqueren wollte, wurde dieser von dem Radfahrer erfasst. Hierbei zog sich der Fußgänger unter anderem einen schmerzhaften Gelenkbruch zu. Für diese Verletzung verlangte er von dem Radfahrer unter anderem Schmerzensgeld.

Landgericht Frankfurt: Kläger hat Anspruch auf 5.000 Euro Schmerzensgeld

Das Landgericht (LG) Frankfurt gab dem Kläger weitgehend Recht und sprach ihm unter anderem ein Schmerzensgeld von 5.000 Euro zu. Dabei ging das Ausgangsgericht von einer Haftungsquote von 90 Prozent zu Lasten des Radfahrers aus. Gegen diese Entscheidung legte der beklagte Radfahrer Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt ein. 

OLG Frankfurt: Fahrradschutzstreifen entgegen der Fahrtrichtung befahren - Verstoß  gegen Rechtsfahrgebot

Das  Oberlandesgericht musste den Fall allerdings nicht per Urteil entscheiden. In der mündlichen Verhandlung nahm der Kläger sein Rechtsmittel nämlich zurück.

OLG erlässt Hinweisbeschluss


Grund hierfür ist ein Hinweisbeschluss des OLG. In diesem teilte das Gericht seine Rechtsauffassung mit. Danach verstößt ein Fahrradfahrer, der auf einem Fahrrad-Schutzstreifen unerlaubt in die Gegenrichtung fährt, gegen das Rechtsfahrgebot.

Fahrrad-Schutzstreifen gehört zur Fahrbahn

Fahrrad-Schutzstreifen, so die Richter aus Frankfurt weiter, sind Teile der Fahrbahn. Diese werden, anders als die sogenannten Fahrrad-Streifen, durch eine dünne, unterbrochene Linie gekennzeichnet. 

Fahrrad-Schutzstreifen oder Fahrradstreifen?
  • Der Fahrrad-Schutzstreifen: Gehört zur Fahrbahn und damit gilt, soweit nicht anders gekennzeichnet, das Rechtsfahrgebot von 2 Absatz 2 StVO. Erkennbar ist der Schutzstreifen an der nicht durchgezogenen Leitline. Dies ergibt sich aus Anlage 3 zu § 42 Absatz 2 StVO Richtzeichen – Zeichen: „340 Leitlinien” (laufende Nr. 22). 
  • Der Fahrrad-Streifen: Ist rechtlich von der Fahrbahn getrennt und einem Sonderweg gleichgestellt. Damit handelt es sich um einen echten Radweg, der nicht zur Fahrbahn gehört. Fahrrad-Streifen sind durch eine durchgezogene Linie zur Straße markiert. Vergleiche hierzu Anlage 2 zu § 41 Absatz 1 StVO – Vorschriftzeichen – „Zeichen: 295 Fahrstreifenbegrenzung und Fahrbahnbegrenzung” (laufende Nr. 68).
  • Beide Streifen sind meist in regelmäßigen Abständen mit einem Fahrrad-Piktogramm markiert.

Radfahrer hat gesteigerte Sorgfaltspflicht

Der Radler habe in diesem Fall eine gesteigerte Sorgfaltspflicht und müsse besonders vorsichtig sein. Hierzu gehöre es auch, darauf zu achten, ob Fußgänger die Straße überqueren wollen. Fußgänger hingegen müssten nicht mit Radfahrern rechnen, die verbotswidrig herannahen.

Radfahrer fuhr auch zu schnell

Außerdem ist der Radfahrer den Richtern aus Frankfurt zufolge zu schnell gefahren. Bei einer Geschwindigkeit von 10 bis 12 km/h hätte er auch die Gefährdung älterer Menschen ausschließen müssen. Dies, so das OLG weiter, wäre bei dieser Geschwindigkeit nicht möglich.

Den Fußgänger treffe allerdings auch ein Mitverschulden von zehn Prozent. Er hatte nämlich die Straße – einschließlich des Schutzstreifens – nicht auf dem Fußgängerüberweg überquert, sondern etwa sechs bis acht Meter davon entfernt.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. vom 19.06.2017 zum Urteil vom 09.05.2017 – AZ: 4 U 233/16

 
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(ESV/bp)