OLG Hamm: Handyverbot gilt auch für Mobiltelefone ohne SIM-Karte

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts (AG) befuhr der betroffene Fahrer im September 2016 die Koblenzer Straße in Gerlingen. Dabei hielt er sein iPhone, in das keine SIM-Karte eingelegt war, in der Hand und spielte damit Musik ab. Das AG sprach den Fahrer vom Vorwurf der verbotswidrigen Nutzung eines Mobiltelefons frei.
Amtsgericht: Mit Mobiltelefon ohne SIM-Karte kann man nicht telefonieren
Ein Mobiltelefon ohne SIM-Karte werde von der Verbotsnorm des §§ 23 Absatz 1a StVO nicht erfasst, denn in diesem Zustand können keine Telekommunikationsfunktionen ausgeführt werden. Darauf beantragte die Staatsanwaltschaft die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 79 Absatz 1 Satz in Verbindung mit § 80 Absatz 1 Nr. OWiG.Im Wortlaut: § 23 Absatz 1a StVO - § 23 Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden |
(1a) Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss. Dies gilt nicht, wenn das Fahrzeug steht und bei Kraftfahrzeugen der Motor ausgeschaltet ist. |
Im Wortlaut: § 80 Absatz 1 Nr. 2 OWiG |
(1) Das Beschwerdegericht lässt die Rechtsbeschwerde nach § 79 Absatz 1 Satz 2 auf Antrag zu, wenn es geboten ist,
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OLG Hamm: Jegliche Nutzung des Smartphones ist verboten
Hierzu führte das OLG aus, dass die Rechtsfrage, die das AG entschieden hat, von den Obergerichten geklärt wäre. So habe das OLG Hamm die Verbotsvorschrift des § 23 Absatz 1a StVO mehrfach auch auf ein Mobiltelefon ohne eingelegte SIM-Karte angewendet.- Schon in seinem Beschluss vom 01.02.2012 (AZ: 5 RBs 4/12) habe das OLG deutlich darauf hingewiesen, dass es auf die Frage, ob eine SIM-Karte in das Mobiltelefon eingelegt sei, nicht ankommt, wenn eine Funktion des Mobiltelefons während des Führens eines Fahrzeugs genutzt wird. Die Verbotsnorm des §§ 23 I Nr. 2 StVO verbiete nämlich jegliche Nutzung einer Funktion des Mobiltelefons, also nicht nur die Telefonfunktion, so auch der Beschluss des 4. Senats des OLG vom 08.06.2017 (AZ: 4 RBs 214/17).
- Dementsprechend hätte auch schon das Oberlandesgericht Jena für den Fall entschieden, dass Mobiltelefon ohne SIM-Karte als Diktiergerät benutzt wird. Insoweit verwies der Senat auf eine Entscheidung des OLG Jena vom 01.05.2006 (AZ: 1 Ss 82/06).
Rechtsbeschwerde dennoch unzulässig
Allerdings meinte der 4. Senat für Bußgeldsachen des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht vorliegen. Es wäre nicht geboten, die Nachprüfung des angefochtenen Urteils zur Fortbildung des materiellen Rechts zu ermöglichen oder das Urteil wegen Versagung des rechtlichen Gehörs aufzuheben.Eine Rechtsbeschwerde nach § 80 Absatz 1 Nr. 2 OWiG sei auch nicht bereits dann zuzulassen, wenn ein Amtsgericht in einem Einzelfall von der obergerichtlichen Rechtsprechung abweicht, so der Senat weiter.
Quelle: Beschluss des OLG Hamm vom 08.06.2017 - AZ: 4 RBs 214/17
Was aus der Entscheidung folgt
- Die Nutzung eines Mobiltelefons am Steuer ist eine Ordnungswidrigkeit, wenn der Fahrer das Gerät während der Fahrt in der Hand hält und eine Funktion des Handy nutzt.
- Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Fahrer telefoniert, das Gerät als Navi einsetzt oder als Diktiergerät benutzt.
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(ESV/bp)