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Transportrecht 
03.08.2015

BGH: Drittschadensliquidation auch auf CMR-Fälle anwendbar

ESV-Redaktion
Auf dem Weg zwischen Start und Ziel bleiben Schäden nicht aus (Foto:Gina Sanders/Fotolia.com)
Kommt es beim Transport zum Schaden durch den Unterfrachtführer, so kann die Versicherung des beauftragenden Unternehmens die Abtretung des Schadensersatzanspruches von dem Hauptfrachtführer verlangen. So hatte der BGH entschieden.

Bei der Beförderung von Transportgut kommt es zum Schaden. Schuld ist der Fahrer des mit dem Transport beauftragten Unternehmens. War das beschädigte Gut versichert, stellen sich Transportunternehmen und –versicherungen die Frage: Hat der Transportversicherer des beauftragenden Unternehmens einen Anspruch auf Abtretung des Schadensersatzanspruchs gegen den Hauptfrachtführer? Das hat er, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil (Az.: I ZR 127/13).

Nächtlicher Überfall auf Transporter

In dem Fall sollte eine Partie Fernseher der X-GmbH von Wien nach Deutschland gebracht werden. Das von der X-GmbH beauftragte Transportunternehmen, beauftragte seinerseits ein weiteres Unternehmen mit der Beförderung. Als der Unterfrachtführer dieses Unternehmens während des Transports eine nächtliche Ruhepause auf einem Österreichischen Autobahnparkplatz einlegte, kam es zum Überfall: 113 Fernseher im Wert von über 59.000 Euro seien dabei entwendet worden, so die Angabe der Transportversicherung der X-GmbH. Die Versicherung verlangte nun die Abtretung des Schadensersatzanspruches, der dem Hauptfrachtführer gegen den Unterfrachtführer zusteht.

BGH: Auch Schadensersatzanspruch zählt „zum Erlangten“

Nach den Regeln des Auftragsrechts ist der Hauptfrachtführer verpflichtet, alles, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat, an den tatsächlich Geschädigten herauszugeben (§§ 667, 675 BGB). Dazu zähle auch der Schadensersatzanspruch gegen den Unterfrachtführer, entschied der BGH.

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Ausgleich über Drittschadensliquidation

Da das beauftragende Unternehmen, die X-GmbH, alle aus dem Diebstahl der Fernseher zustehenden Rechte an ihre Versicherung abgetreten hatte, steht dieser nun der Schadensersatzanspruch zu, so der BGH.

Einer Drittschadensliquidation* zwischen den beteiligten Unternehmen stehe auch nicht entgegen, dass – wegen des grenzüberschreitenden Transports – das CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr) anwendbar ist. Insbesondere § 28 Abs. 1 CMR führe nicht zum Ausschluss der Drittschadensliquidation.

Die Vorschrift im Wortlaut:

§ 28 Abs. 1 CMR

  1. Können Verluste, Beschädigungen oder Überschreitungen der Lieferfrist, die bei einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung eingetreten sind, nach dem anzuwendenden Recht zur Erhebung außervertraglicher Ansprüche führen, so kann sich der Frachtführer demgegenüber auf die Bestimmungen dieses Übereinkommens berufen, die seine Haftung der zu leistenden Entschädigung bestimmen oder begrenzen.

Danach kann sich der Frachtführer lediglich bei „außervertraglichen Ansprüchen“ auf die Haftungsbeschränkung des § 23 Abs. 3 CMR berufen. Der Schadensersatzanspruch gegen den Unterfrachtführer ist jedoch vertraglicher Natur.

Kein überwiegendes Schutzinteresse des Unterfrachtführers

Der BGH nahm kein überwiegendes Schutzbedürfnis des ausführenden Unterfrachtführers an. Ein solches schließe die Drittschadensliquidation aus. Der Unterfrachtführer habe es nämlich in der Hand, so der BGH, wenn er sich mit seinem Vertragspartner auf eine höhere Haftung einließe, als es dieser gegenüber dem Geschädigten getan habe. Da der Gesetzgeber die Drittschadensliquidation ausdrücklich in der Begründung des Transportreformgesetzes (BT-Ds.: 13/8445, S. 75) erwähnt habe, sei diese im Transportrecht anwendbar.

Nach dem BGH-Urteil kann also der Transportversicherer seinen Schaden gegen den Unterfrachtführer geltend machen. Was der BGH in diesem Fall – von einer nach der CMR unzulässigen Vertragsvereinbarung über Klageerweiterung bis hin zur Verjährungshemmung nach § 213 BGB – sonst noch zu dem Fall entschieden hat, lesen Sie in dem ganzen Urteil, abgedruckt in: VRS – Verkehrsrechts-Sammlung, Band 128/Heft 5, ab Seite 261 ff. Die Entscheidungen sind auch auf CD-ROM erhältlich. (ESV/akb)

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Literaturhinweise zum Transportrecht

Eine systematische Sammlung der Gesetze, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften zum nationalen und internationalen Güterkraftverkehr, enthält das Güterkraftverkehrsrecht. Das Loseblattwerk, herausgegeben von Dr. Kurt Trinkaus, Robert Maiworm, Burkhard Raaf und Susanne Wallenfels, ist auf dem Stand 2015.

Bei der Anwendung der gesetzlichen Regelungen zum Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR), dient der Kommentar CMR von Dr. Timo Didier und Dr. Bernd Andresen, in der 8. völlig neu bearbeiteten Auflage 2015; auch als E-Book erhältlich.

Das Handbuch zum Speditions-, Fracht- und Lagerrecht von Dr. Bernd Andresen und Hubert Valder, erscheint als Loseblatt beim Erich Schmidt Verlag, enthält eine systematische Zusammenstellung der maßgeblichen Gesetze, Verordnungen und internationalen Regelungen.

*Hintergrund: Die Drittschadensliquidation

Die Drittschadensliquidation kommt für den Fall zur Anwendung, wenn in einem Dreipersonenverhältnis Schaden und Ersatzanspruch personenverschieden auseinanderfallen. Beispiel: Im vorliegenden Fall hatte das beauftragende Unternehmen, die X-GmbH, einen Schaden wegen der gestohlenen Fernseher. Schädiger war hier der Unterfrachtführer. Mit diesem hatte jedoch nicht die X-GmbH einen Beförderungsvertrag geschlossen. Dieser bestand zwischen dem von der X-GmbH beauftragten Unternehmen und dem Unterfrachtführer. Da dieses beauftragte Unternehmen zwar einen Anspruch aus dem Beförderungsvertrag gegen den Unterfrachtführer hatte, ihm jedoch kein Schaden entstanden ist, kann der Geschädigte, die X-GmbH (oder bei einer wirksamen Abtretung ihre Versicherung) den Anspruch geltend machen.