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Im Überblick 
02.10.2020

Aktuelle Gerichtsentscheidungen rund um das Verkehrsrecht

ESV-Redaktion Recht
Vor allem die Instanzgerichte haben einige interessante Entscheidungen zum Verkehrsrecht getroffen (Foto: Corbis und AllebaziB/Fotolia.com)
Begründet die Teilnahme am alltäglichen Fahrradverkehr ohne Schutzhelm ein Mitverschulden? Hierzu hat sich das OLG Nürnberg geäußert. Auch Fahrer von Löschfahrzeugen, die sich im Einsatz befinden, haben Sorgfaltspflichten gegenüber dem übrigen Verkehr, meint das LG Köln. Und das OVG Lüneburg entschied über eine Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuchs wegen Geschwindigkeitsüberschreitung.


OLG Nürnberg: Fehlender Fahrradhelm im Alltagsradverkehr begründet kein Mitverschulden

Wer im Alltagsradverkehr keinen Fahrradhelm trägt und sich bei einem unverschuldeten Unfall am Kopf verletzt, muss sich bei etwaigen Schadenersatzansprüchen gegen den Unfallverursacher kein Mitverschulden entgegenhalten lassen. Dies ergibt sich aus einem kürzlich veröffentlichten Urteil des OLG Nürnberg.
 
In dem Streitfall hatte ein PKW-Fahrer, der rechts abbiegen wollte, eine Radfahrerin übersehen. Hierbei erlitt die Radfahrerin eine schwere Kopfverletzung. Im anschließenden Schadenersatzprozess hielten der PKW-Fahrer und dessen Haftpflichtversicherung der Radlerin ein Mitverschulden entgegen, weil sie keinen Schutzhelm trug. Ein Helm, so die Beklagten, hätte die Verletzung abmildern können.
 
Dieser Einwand hatte jedoch keinen Erfolg. Sowohl die Ausgangsinstanz als auch das OLG Nürnberg sahen kein Mitverschulden der Radlerin. Zwar hatte der BGH mit Urteil vom 17.06.2014 (VI ZR 281/13) entschieden, dass das Nichttragen eines Schutzhelms im Alltagsradverkehr eine Mitschuld begründen kann. Allerdings setzt dies voraus, dass das der Helm nach der allgemeinen Verkehrsauffassung zum eigenen Schutz erforderlich ist. Ein solches Verkehrsbewusstsein sahen weder die Ausgangsinstanz noch das OLG Nürnberg. Danach nutzt die weit überwiegende Mehrheit der erwachsenen Bevölkerung keinen Helm beim Fahrradfahren im Alltagsverkehr – und zwar auch nicht innerorts.
 
Nur unter besonderen Umständen – etwa bei Rennradfahrern und Mountainbikern – könne das Nichtragen eines Fahrradhelms ein Mitverschulden begründen, so die Nürnberger Richter abschließend.
 
Quelle: Urteil des OLG Nürnberg vom 28.8.2020 – 13 U 1187/20

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LG Köln zum Schadenersatz bei Feuerwehreinsatz mit Martinshorn und Blaulicht

Auch dann, wenn sich ein Feuerwehrfahrzeug mit Martinshorn und Blaulicht im Einsatz befindet, muss der Fahrer darauf achten, dass er Beschädigungen an Fahrzeugen von anderen Verkehrsteilnehmern möglichst vermeidet. Dies ergibt sich aus einer aktuellen Entscheidung des LG Köln.
 
In dem Streitfall wartete der Kläger mit seinem PKW vor einer roten Ampel in Köln in Fahrtrichtung stadtauswärts. Dabei kam ihm ein Feuerwehrfahrzeug mit Martinshorn und Blaulicht entgegen. Nachdem es ihn passiert hatte, fuhr es über die durchgehende weiße Linie und wendete scharf, um seine Fahrt stadtauswärts fortzusetzen. Nach der Behauptung des Klägers soll das Löschfahrzeug bei dem Wendemanöver das Auto des Klägers an zwei Stellen am Heck beschädigt haben. Hierfür verlangte der Kläger Schadensersatz von der Stadt Köln. Die beklagte Stadt bestritt, dass das Feuerwehrauto das Fahrzeug des Klägers überhaupt berührt haben soll.
 
Das LG Köln hat der Klage teilweise stattgegeben. Es kam nach Vernehmung einer Augenzeugin zu dem Schluss, dass das Löschfahrzeug den PKW des Klägers rechts hinten gestreift hatte. Nach Auffassung der Kölner Richter war der Fahrer des Feuerwehrautos der alleinige Verursacher des Unfalls. Allerdings sahen die Kölner Richter die Schäden an der hinteren linken Seite des klägerischen Fahrzeugs als nicht ersatzpflichtige Vorschäden an.
 
Quelle: PM des LG Köln vom 30.9.2020 zum Urteil vom 19.9.2020 – 5 O 58/18
 
 

OVG Lüneburg zum Führen eines Fahrtenbuchs wegen Geschwindigkeitsüberschreitung

Die Anordnung zum Führen eines Fahrtenbuches für 21 Monate gegen den Halter eines Kraftfahrzeuges ist nicht unverhältnismäßig, wenn festgestellt wurde, dass das betreffende Fahrzeug die zulässige Höchstgeschwindigkeit um 45 km/h überschritten hatte und der Fahrer nicht ermittelt werden konnte. Mit dieser Begründung hat das OVG Lüneburg kürzlich eine Beschwerde des Fahrzeughalters gegen einen Beschluss des VG Hannover zurückgewiesen. Der Halter hatte sich erfolglos mit einem Eilantrag an die Ausgangsinstanz gewendet, die unter anderem die Anordnung des Fahrtenbuchs aufheben sollte.
 
Nach Auffassung des OVG soll die Anordnung eines Fahrtenbuchs sicherstellen, dass sich Fahrer des vom Antragsteller gehaltenen Fahrzeugs künftig an die Verkehrsvorschriften halten – und nicht grob fahrlässig und schwerwiegend gegen Verkehrsregeln verstoßen. Danach steht dieses Ziel nicht außer Verhältnis zu der sehr geringfügigen Beeinträchtigung der Handlungsfreiheit des Fahrzeughalters.
 
Quelle: Beschluss des OVG Lüneburg vom 23.9.2020 – 12 ME 130/20

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(ESV/bp)