Kann ein Autofahrer, der nach einer alten Regelung wegen Cannabis am Steuer unter anderem zu einem Fahrverbot von drei Monaten verurteilt wurde, in der nächsten Instanz freigesprochen werden, weil sich die entsprechenden Grenzwerte inzwischen geändert haben? Diese Frage hat das OLG Oldenburg aktuell entschieden.
In dem Streitfall wurde dem Betroffenen zur Last gelegt, bei einer Autofahrt unter Einfluss von Cannabis gestanden zu haben. Daher verhängte der Landkreis Leer gegen ihn ein Fahrverbot und ein Bußgeld.
Gegen diesen Bußgeldbescheid wendete sich der Betroffene dann mit einem Einspruch an das AG Papenburg. Das Gericht stellte bei dem Betroffenen einen THC-Wert von 1,3 ng/ml im Blut fest und verurteilte ihn am 09.02.2024 zu einem 3-monatigen Fahrverbot sowie zu einer zu einer Geldbuße von 1.000 EUR.
Gegen diese Entscheidung zog der Betroffene mit einer Rechtsbeschwerde vor das OLG Oldenburg, das über die Sache am 29.08.2024 entschieden hat.
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OLG Oldenburg: Angehobene THC-Grenzwerte gelten auch für den Betroffenen
Der Einspruch hatte Erfolg. Der zuständige Bußgeldsenat des OKG Oldenburg hob das Urteil der Ausgangsinstanz auf und sprach den Betroffenen frei. Bei der Entscheidung wirkte eine zwischenzeitliche Gesetzesänderung zu Gunsten des Betroffenen, was der Senat wie folgt darlegte:
- Zunächst richtige Entscheidung der Ausgangsinstanz: Zum Zeitpunkt der Entscheidung des AG Papenburg am 09.02.2024 galt für Autofahrten unter Cannabiseinfluss nach damals gefestigter Rechtsprechung noch ein THC-Grenzwert von 1,0 ng/ml.
- Änderung zum 22.08.2024: Mit Wirkung zum 22.08.2024, also nach dem Urteil der Ausgangsinstanz, trat mit dem neuen § 24a Absatz 1a StVG (siehe unten) ein erhöhter Grenzwert für Fahrten unter Cannabis-Einfluss von 3,5 ng/ml in Kraft.
- Neue Regelung gilt auch für Betroffenen: Die Entscheidung des OLG Oldenburg erging am 29.08.2024, also nach der Änderung durch den Gesetzgeber. Die Änderung wirkt nach Auffassung des Senats nach § 4 Absatz 3 OWIG (siehe unten) auch zugunsten des Betroffenen, so das OLG hierzu. Weil der THC-Gehalt des Betroffenen unterhalb dies neuen Grenzwertes blieb, hob das OLG Oldenburg das Urteil des AG Papenburg auf und sprach den Betroffenen frei.
Quelle: PM des OLG Oldenburg vom 12.09.2024 zum Beschluss vom 29.08.2024 – 2 ORbs 95/24
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Im Wortlaut: § 24a Absatz 1a StVG (n. F. ab 22.07.2024) |
(1a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt, obwohl er 3,5 ng/ml oder mehr Tetrahydrocannabinol im Blutserum hat.
§ 4 Absatz 3 OWIG
(3) Wird das Gesetz, das bei Beendigung der Handlung gilt, vor der Entscheidung geändert, so ist das mildeste Gesetz anzuwenden.
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(ESV/bp)