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Parken an Ladesäule 
26.05.2025

VG Hamburg zur Frage, wann ein verbotswidrig geparktes Auto abgeschleppt werden darf

ESV-Redaktion Recht
Aus dem Verkehrszeichen 314 mit den Zusatzzeichen 1010-66 und 1053-54 ergibt sich, dass das Parken dort nur zum Aufladen eines E-Fahrzeugs erlaubt ist (Foto: phogura / stock.adobe.com – zum Teil erstellt mit KI)
Darf die Polizei ein Auto abschleppen lassen und gegenüber dem Fahrer einen Gebührenbescheid erlassen, wenn dieser sein Fahrzeug verbotswidrig an einer nicht funktionsfähigen Ladesäule geparkt hatte? Zu dieser Frage hat sich das VG Hamburg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil geäußert.


In dem Streitfall parkte ein Autofahrer seinen Verbrenner an einer Ladesäule für E-Fahrzeuge. Auf die Lademöglichkeit wiesen Verkehrsschilder hin, nach denen Fahrer von E-Autos ihre Fahrzeuge dort eine Stunde lang aufladen durften. Allerdings gab es an der Säule noch keinen Strom. Vielmehr befand sich dort ein weiteres Schild mit dem Text; „Hier entsteht in Kürze ein HPC-Standort. Sobald er an unser Stromnetz angeschlossen ist, können Sie hier 150 kW laden.“

Dennoch ließ ein Polizist das Fahrzeug abschleppen, sodass es auf einem Verwahrparkplatz landete. Um sein Auto auszulösen, musste der Fahrer insgesamt 472,10 EUR an Gebühren zahlen. Gegen den Gebührenbescheid zog der Fahrer mit einer Klage vor das VG Hamburg.  
 
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VG Hamburg: Keine Ermächtigung zum Abschleppen


Die Klage hatte Erfolg: Die 21. Kammer des VG Hamburg hob den Gebührenbescheid auf und ordnete die Rückzahlung an. Demnach waren die Sicherstellung des Autos und der Gebührenbescheid rechtswidrig. Die grundlegenden Erwägungen der Kammer:


Kostenlast prinzipiell beim Verantwortlichen


Zwar hat der Verantwortliche im Sinne der §§ 8 und 9 des Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Hamburg (HmbSOG) nach § 14 Abs. 3 Satz 3 die Kosten für eine Sicherstellung tragen.


Voraussetzungen für Abschleppen


Verbotswidrig abgestellte Fahrzeuge dürfen nach 14 Abs. 1 Satz 2 HmbSOG aber nur dann abgeschleppt werden, wenn das Fahrzeug ohne Abschleppen die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigen würde. Gleiches gilt, wenn ohne das Abschleppen eine Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer nicht ausgeschlossen werden kann.


Parken des Fahrzeugs verbotswidrig


Das Auto wurde auch verbotswidrig abgestellt, denn das Parkverbot ergibt sich aus den aufgestellten Verkehrszeichen – und zwar konkret aus § 39 Abs. 2 und 3 sowie § 42 Abs. 2 StVO mit Anlage 3, Zeichen 314 („Parken“), dem Zusatzzeichen 1010-66 („Elektrisch betriebene Fahrzeuge“) sowie dem Zusatzeichen 1053-54 („während des Ladevorgangs“). Auch ein Elektroauto hätte dort mangels Lademöglichkeit nicht parken dürfen.


Aber – Abschleppen unverhältnismäßig


Die Kammer hielt das Abschleppen jedoch für unverhältnismäßig. Die wesentlichen Überlegungen der Kammer hierzu:

  • Abschleppen der Grundsatz: Aus § 14 Abs. 1 Satz 2 HmbSOG ergibt sich zwar, dass ein verbotswidrig abgestelltes Fahrzeug „in der Regel“ abgeschleppt werden soll. Von diesem Grundsatz gib es jedoch Ausnahmen.
  • Ladesäule ohne Funktion: Ein Parkplatz muss zwar für E-Fahrzeuge zum Laden freigehalten werden. Da die Ladesäule aber nicht in Betrieb war, konnten dort keine Fahrzeuge geladen werden.

  • Funkionsunfähigkeit erkennbar: An der Ladesäule befand sich der benannte Hinweis, nach dem die Errichtung der Ladestation noch nicht abgeschlossen ist. Auch der Polizeibeamte hätte sich daher vor Ort über die Funktions(un)fähigkeit der Ladesäule vergewissern müssen. Dies hatte er aber unterlassen.
  • Keine Beeinträchtigung des Verkehrs: Schließlich sah die Kammer weder vorrangige Parkberechtigte noch eine Beeinträchtigung des Verkehrs. Es fehlte also an einer Ermächtigung, das Auto abzuschleppen. In diesem Fall war das Ermessen des Polizisten auf null reduziert,  führt die Kammer abschließend aus.
Quelle: Urteil des VG Hamburg vom 18.03.2025 – 21 K 3886/24


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Im Wortlaut: HambSOG – § 14 Sicherstellung von Sachen Absätze 1 und 3 (Auszug)

Absatz 1, Satz 2

2 Ein verbotswidrig abgestelltes oder liegengebliebenes Fahrzeug wird in der Regel sichergestellt, wenn es die Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs beeinträchtigt oder eine Gefährdung, Behinderung oder Belästigung anderer Verkehrsteilnehmer nicht auszuschließen ist und der vom Fahrzeug ausgehenden Gefahr nicht mit einer Umsetzung auf einen in unmittelbarer Nähe gelegenen freien und geeigneten Platz im öffentlichen Verkehrsraum begegnet werden kann.
 
Absatz 3 Satz 3

3 Die Kosten der Sicherstellung und Verwahrung fallen den nach §§ 8 und 9 Verantwortlichen zur Last. 

 
(ESV/bp)